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Freitag, 23. Dezember 2011

Mehr Selbstständigkeit durch Technik

Siegen/Hagen. Wenn der Altersheimbewohner mit beginnender Demenz zum Essen gerufen wird, vergisst er unterwegs oft, wo er hinwollte. Könnte man nicht an seinem Rollator ein Gerät befestigen, dass ihm sagt: Wo will ich hin und was mache ich da? Das fragten Auszubildende des Fachseminars für Altenpflege der katholischen Hospitalgesellschaft aus Olpe, und an der Uni Siegen machte sich der Studiengang Human Computer Interaction an die Arbeit.

Das ist ein Resultat eines eintägigen gemeinsamen Workshops, den jetzt erstmals der Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik und Neue Medien veranstaltete. „Wir arbeiten in der Forschung bereits viel mit älteren Menschen zusammen“, erklärt Claudia Müller, die am Institut für das Forschungsfeld „Neue Medien zur Förderung der sozialen Teilhabe älterer Menschen“ zuständig ist, „aber nun wollen wir auch Angehörige und Beschäftigte in der Pflege ansprechen.“ Mit gutem Erfolg, wie sie findet: „Die Auszubildenden und die Studierenden haben Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsam technische Konzepte erarbeitet, die ältere Menschen im Alltag unterstützen können.“

Im Anschluss an den Workshop starteten die Studierenden mit der Programmierung von Prototypen, die bei einem erneuten Treffen im Februar vorgestellt werden und dann in Altenheimen getestet werden sollen. Claudia Müller legt Wert darauf, dass es nicht darum geht, menschliche Zuwendung durch Technik zu ersetzen: „Ziel ist Selbstständigkeit. Und viele ältere Menschen bitten nicht gerne dauernd um Hilfe.“

Weitere Ideen, die beim Workshop diskutiert wurden, waren eine TV-Fernbedienung mit weniger Tasten, mit klaren Zuständigkeiten, vielleicht mit großem Display, vielleicht mit Symbolen zum Tasten und Fühlen, vielleicht mit Lautsprecher, auf jeden Fall aber personalisiert, also auf die individuellen Bedürfnisse des Nutzers zugeschnitten. Oder: Unsichtbare Orientierungshilfen, die in Gängen und Räumen an der Wand hängen und per Sprachausgabe die Bewohner leiten - auch wieder ganz nach deren persönlichem Tagesplan.

„Wir konnten unsere Erfahrung aus dem Arbeitsalltag mit älteren Menschen in die Entwicklung von Technik-Ideen einbringen“ resümierte eine Altenpflegerin. „Es war toll, so viele Einblicke in die Arbeit der Altenpflegerinnen zu bekommen und die Ideen vor dem Hintergrund ihrer Praxiserfahrungen diskutieren zu können“, bilanzierte ein Student. Das Interesse an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit ist groß, denn die Altenpflegeschüler wollen wissen, welche Entwicklungen es gibt und welche zu erwarten sind, und die Studenten brauchen bei der Entwicklung von Designkonzepten die Einschätzungen der Praktiker.

Am Design ist sowieso noch viel zu tun, meint Müller: „Die Industrie hat bisher den Ästhetik-Aspekt vernachlässigt. Technik für ältere Menschen muss ansprechend gestaltet und darf nicht stigmatisierend sein, sonst wird sie nicht angenommen.“

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