Dieses Blog durchsuchen

Rechtliches / Urteile







Muss der Ehepartner die Arztrechnung zahlen?

Ob privatärztliche Leistung oder IGeL - hier müssen auch Kassenpatienten meist die Rechnung aus eigener Tasche zahlen. Doch was passiert, wenn ein Patient die Rechnung auf seinen Ehegatten ausstellen lässt? Besteht dann wirklich ein Zahlungsanspruch der Praxis gegenüber dem Gatten?

Muss der Ehepartner die Arztrechnung zahlen?

Schuldner des Arztes ist zunächst der Leistungsempfänger.

Werden privatärztliche Leistungen für Kassenpatienten durchgeführt, werden diese Leistungen nach GOÄ (Gebührenordnung Ärzte) liquidiert. Für den Patienten bedeutet dies, dass er eine GOÄ-Rechnung erhält.

Nun erleben Ärzte in hausärztlichen und gynäkologischen Praxen immer wieder, dass Patienten oder Patientinnen mitteilen, ihr Ehepartner werde die Kosten tragen und die Rechnung soll auf dessen Namen lauten. Können Ärzte sich darauf verlassen?
Grundsatz: Der Auftraggeber muss zahlen

Generell gilt der Grundsatz, dass derjenige zahlen muss, der auch den Auftrag erteilt. Nur ausnahmsweise wird der Ehepartner mitverpflichtet. In sogenannten Lebenspartnerschaften gibt es hingegen keine Ausnahme von der persönlichen Zahlungsverpflichtung.

Ob der Ehepartner zur Kasse gebeten werden kann, ist familienrechtlich zu beurteilen. Sind privatärztlich medizinisch notwendige und unaufschiebbare ärztliche Behandlungen erforderlich, kann eine Mitverpflichtung des Ehegatten bestehen.
Bei getrennt lebenden Paaren wird es schwierig

Entscheidend sind aber besondere Umstände und die Rechtsprechung ist sehr vorsichtig. Im Zweifel ist von einer ausschließlich persönlichen Zahlungspflicht des Patienten auszugehen. Noch schwieriger wird die Mitverpflichtung bei getrennt lebenden Ehegatten.

Die Rechtsprechung nimmt an, wenn eine Krankenversicherung besteht, ist grundsätzlich vom Willen des Ehepartners auszugehen, nicht mitverpflichtet zu werden. Im Praxisalltag kann man also auf mündliche Behauptungen von Patienten, der Ehepartner werde die Kosten tragen, nichts geben.

Die Lösung: Möchte der Arzt den Ehegatten als Kostenschuldner haben, ist mit ihm eine schriftliche Vereinbarung erforderlich. Damit diese auch wirksam ist, muss sie recht genau sein. Eine allgemeine Formulierung wie "ich übernehme die Behandlungskosten" würde nicht ausreichen.
Honorarvereinbarung mit dem Gatten sichert Praxis ab

Empfehlenswert ist es deshalb mit dem Ehepartner eine Honorarvereinbarung nach Paragraf 2 GOÄ zu schließen, aus der hervorgeht, dass die Behandlung beim Ehepartner erfolgen soll und um welche Leistungen es sich handelt.

Eine solche Honorarvereinbarung kann auch mit Lebenspartnern oder sonstigen Personen (Eltern, Großeltern usw.) geschlossen werden, wenn diese die Kosten der Behandlung des Patienten übernehmen wollen.

Dr. Frank A. Stebner ist Fachanwalt für Medizinrecht in Salzgitter.


_____________________________________________________________

Arzt muss Attest nach bestem Wissen ausstellen

Gießen Ein Arzt muss ein Attest nach bestem Wissen ausstellen. Er darf sich nicht einfach auf andere fachärztliche Gutachten oder Vermutungen stützen.

Außerdem muss im Inhalt des Dokuments klar erkennbar sein, aus welcher Quelle er seine Informationen gewonnen hat. Das geht aus einer Entscheidung des Berufsgerichts für Heilberufe beim Verwaltungsgericht in Gießen hervor, auf das die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein hinweist (Az.: 21 K 1582/10.GI.B).

In dem behandelten Fall hatte eine Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie auf Wunsch eines geschiedenen Vaters ein Attest erstellt, wonach seine Ex-Frau nicht in der Lage sei, ihre Aufgaben als Mutter zu erfüllen. Dazu hatte der Mann der Medizinerin ein Gutachten vorgelegt, das im Rahmen des Sorgerechtsstreits über ihn und seine geschiedene Frau erstellt worden war. Darin wurde unter anderem auch empfohlen, seinen Umgang mit den Kindern vorläufig zu reduzieren und der Mutter das alleinige Sorgerecht zu übertragen. In Bezug auf die Frau waren einige Ratschläge enthalten, um deren Erziehungssituation zu verbessern.

Die Richter sahen im Inhalt des Gutachtens einen Verstoß gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung der Verfasserin. Das Attest sei nicht sorgfältig erstellt worden und weise nicht darauf hin, dass die Fachärztin die darin beschriebene Frau gar nicht kenne, so das Gericht. Die Ärztin habe aus dem ihr vorgelegten Gutachten zu beiden Elternteilen einzelne Äußerungen zulasten der Mutter herausgegriffen. Das Gießener Gericht verurteilte die Medizinerin deshalb zu einer Geldbuße und erteilte einen Verweis.

www.arge-medizinrecht.de



_____________________________________________________________


Anwesenheit des Arztes bei Gutachterterminen im Haftungsprozess

Um über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers zu befinden, orientieren sich die Gerichte, mangels eigener Sachkunde zumeist an Gutachten. Dementsprechend groß ist die Bedeutung eines solchen Beweismittels im Streitfall.

Häufig drängt sich dabei von ärztlicher Seite die Besorgnis auf, der Patient werde den Untersuchungstermin zur Beeinflussung des Gutachters nutzen.

Die Frage, ob dem ehemaligen Behandler und nunmehr beschuldigtem Arzt ein Anwesenheitsrecht bei der gutachterlichen Untersuchung des Klägers zustehe, war bislang umstritten. Bisweilen wurde dem Arzt die Anwesenheit bei der gutachterlichen Untersuchung gänzlich verwehrt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 22 U 174/07) hat dem verklagten Arzt nun – im Fall einer zahnmedizinischen Begutachtung –, ein Anwesenheitsrecht zugesprochen.

Die Richter stellten in dem Urteil zu Beginn klar, dass zwar jede ärztliche Untersuchung einen Eingriff in die Privat- und Intimsphäre einer Person darstelle, jedoch andererseits jede Beweisaufnahme ohne Anwesenheit einer Partei in deren Recht auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren eingreife. Beide Rechtsgüter seien schützenswert, so dass in jedem Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen sei.

Dabei sei es durchaus von Bedeutung, auf welche Bereiche des Körpers sich die vom Sachverständigen durchzuführenden Untersuchungen bezögen und inwieweit Erläuterungen der Prozessparteien gegenüber dem Sachverständigen zu erwarten seien. Die Mundhöhle- um die es im vorliegenden Fall ging- sei kein Bereich, bezüglich dessen gemeinhin eine besondere Scheu zur Offenbarung zu bestehen pflege. Dies gelte erst gegenüber einem Zahnarzt, der die betreffende Mundhöhle schon des Öfteren gesehen und behandelt hatte.

Demgegenüber sah das Gericht eine erhebliche Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit und des fairen Verfahrens, da der Gutachter als „Spezielle Anamnese“ „Angaben der Patientin beim Untersuchungstermin“ in das Gutachten aufnahm, die in einem Gespräch zwischen Gutachter und Klägerin gemacht wurden, zu dem dem beklagten Zahnarzt der Zutritt verwehrt wurde.

Praxistipp:
Sollten Sie in einen Haftungsprozess verwickelt sein, so bestehen Sie auf Ihr Anwesenheitsrecht bei der gutachterlichen Untersuchung. Wird Ihnen dieses Recht verwehrt, so kann dies im Prozess möglicherweise als Beweisvereitelung geltend gemacht werden.
Letztlich können Sie den Prozess durch die Beanspruchung Ihres Anwesenheitsrechtes positiv lenken- sei es durch die Wahrung der Objektivität im Gutachtentermin oder durch das Gewinnen einer günstigeren Beweissituation.




_____________________________________________________________

Mitarbeiter dürfen Arbeitgeber verpfeifen

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet zugunsten einer Altenpflegerin, die Missstände angeprangert hatte

Klinikkonzern kündigte Mitarbeiterin, nachdem sie wegen Pflegemängeln Anzeige erstattet hatte

Gewerkschaften und Opposition fordern Regelungen für "Whistleblower". Arbeitgeber wollen keine neuen Gesetze

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Arbeitnehmern, die Missstände in ihrem Unternehmen anprangern, den Rücken gestärkt. Der Gerichtshof entschied in Straßburg, dass die Kündigung einer Berliner Altenpflegerin gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Freiheit der Meinungsäußerung) verstoßen hat. Die Frau wollte auf Pflegemängel hinweisen und hatte deshalb ihren Arbeitgeber wegen Betruges angezeigt. Im Fachjargon nennt man das einen "Whistleblower" - also einen couragierten Angestellten, der "die Pfeife bläst".

Die Beschwerdeführerin, Brigitte Heinisch, war beim Klinikkonzern Vivantes beschäftigt, dessen Mehrheitseigner das Land Berlin ist. Ihr war 2005 fristlos gekündigt worden, nachdem sie Strafanzeige wegen besonders schweren Betruges gegen Vivantes erstattet hatte. Als Begründung gab sie an, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erhielten wegen Personalmangels keine angemessene Gegenleistung für die von ihnen getragenen Kosten. Zuvor hatte auch der Medizinische Kontrolldienst der Krankenkassen die Zustände in dem Altenpflegeheim als mangelhaft bewertet.

Heinisch sah in ihrer Kündigung und der Weigerung der deutschen Gerichte, ihre Wiedereinstellung anzuordnen, einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Sie war zuletzt vor dem Bundesarbeitsgericht und dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Mit ihrem jetzigen Erfolg in Straßburg sei sie "sehr zufrieden", sagte Heinisch. "Ein besseres Urteil für Freiheit und Gerechtigkeit kann es gar nicht geben". Sie und ihr Anwalt streben ein Wiederaufnahmeverfahren ihrer Arbeitsrechtsprozesse an. Zugleich forderte sie vom Berliner Senat, sie zu rehabilitieren.

Die Bundesrepublik Deutschland muss Heinisch nun eine Entschädigung in Höhe von 10 000 Euro und zudem 5 000 Euro für die entstandenen Kosten zahlen. In der Begründung des Urteils heißt es, dass die Vorwürfe der Altenpflegerin zwar zweifellos eine schädigende Wirkung auf den Ruf und die Geschäftsinteressen von Vivantes gehabt hätten. In einer demokratischen Gesellschaft sei "das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen so wichtig, dass es gegenüber dem Interesse dieses Unternehmens am Schutz seines Rufes und seiner Geschäftsinteressen überwiegt". Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Die Bundesregierung hat nun drei Monate Zeit, Einspruch zu erheben und die Rechtssache an die Große Kammer des Gerichts zu verweisen.

Im Bundesarbeitsministerium hieß es, dass der Gerichtshof mit seiner Entscheidung "Klarheit geschaffen" habe, "in welchen Fällen eine Arbeitnehmerin bei Strafanzeigen gegen ihren Arbeitgeber Schutz genießt". Die Bundesregierung werde "eingehend prüfen, ob und wenn ja, in welchen Fällen eine gesetzliche Klarstellung der Rechtslage erforderlich ist." Gewerkschaften, die Linkspartei sowie die Grünen und die SPD forderten neue gesetzliche Regelungen zum Schutze von Whistleblowern: "Es darf nicht sein, dass Arbeitgeber mit einer Kündigung dagegen vorgehen können, wenn Arbeitnehmer auf Missstände oder Gesetzesverstöße ihrer Arbeitgeber hinweisen. Die Bundesregierung sollte jetzt schleunigst mit einem neuen Gesetz reagieren", sagte Martina Perreng, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag betonte, die deutsche Rechtspolitik erhalte wieder einmal "Nachhilfe" in Sachen Menschenrechtsschutz. Die Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales, Anette Kramme, forderte, dass in Deutschland "für den Informantenschutz" mehr getan werden müsse. Schützenhilfe bekommen sie vom EGMR: In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass "deutsches Recht keine spezielle Vollstreckungsmechanismen hat, um eine Beschwerde eines Whistleblowers zu untersuchen und um den Arbeitgeber dazu zu bringen, die Missstände zu beheben".

Die Arbeitgeber wehren sich jedoch gegen neue Gesetze. "Eine gesetzliche Regelung zum Anschwärzen des Arbeitgebers ist gefährlich und überflüssig. Sie kann missbraucht werden, um Kollegen und das eigene Unternehmen ohne rechtfertigenden Grund bloßzustellen", heißt es bei der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA).

Vor drei Jahren hatte es bereits einen Gesetzentwurf zum Schutz von Whistleblowern gegeben - Initiator war der damalige Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) gewesen. Denn der Gammelfleischskandal war aufgeflogen, weil ein Mitarbeiter eines betroffenen Unternehmens die Behörden auf die Spur gesetzt hatte. Doch das Vorhaben scheiterte an der CDU.



____________________________________________________
Wer kennt Sie nicht, die vielen Kleinanzeigen mit Inhalten wie:

Daheim statt Altersheim.
24 Stunden Pflegekaft frei.
T.023456-123456


Da wir viele Hinweise auf die via Kleinanzeigen angebotene Schwarzarbeit für Pflegedienstleistungen erhalten haben stellen wir hier in Kürze einen dafür geeigneten Abmahntext ein.

Mit diesem Text können Pflegebetriebe die unseriösen Mitbewerber selbst abmahnen, ohne dass teure Anwaltskosten entstehen, auf denen man als Betrieb sitzenbleibt, wenn die angeschriebene Person die dadurch ausgelöste Anwaltsrechnung nicht bezahlt.

Abmahnungstext für ein Schwarzarbeiterangebot

In Vorbereitung

Sie wollen die Abmahnung nicht selbst im eigenen Namen aussprechen ?

Unser Tipp: Geben Sie den Vorgang an Ihren Dachverband oder auch an die örtliche IHK bzw. an die Wettbewerbszentrale ab.


_______________________________________________________________
Patienten- bzw- Pflegerecht ist ein sehr schwieriges Rechtsgebiet.

Denn wo hört z.B. die normale Haushaltsführung auf und wo beginnt die Pflege ? Ab wann muss der "Pfleger", also auch die Helferin aus Osteuropa, versichert sein, z.B. auch eine Berufshaftpflichtversicherung haben ? Wo beginnt die Haftung des Pflegepersonals ?

Was ist mit dem Problem der Scheinselbstständigkeit bei dem Personenkreis, der die sogenannte 24 Std. "Rund um die Uhr" Pflege anbietet, bei dem in aller Regel die Hilsperson in den Haushalt des zu pflegenden Patienten einzieht und dort auch den Familienanschluss bekommt ?

Ein kleines Fallbeispiel:

Eine hauptberuflich in einem Altersheim arbeitende Frau (gelernte Arzthelferin) nimmt nach eigenen Angaben einen 85 jährigen (Ohne Pflegestufe, mit altersbedingten Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Hautkrebs) zu sich und pflegt ihn 1 Jahr, weil der einzige Sohn des Mannes zur Zeit nicht da ist.

Es kommt offenbar zu einem Schlaganfall, der alte Herr kommt erstmalig nicht alleine aus der Badewanne, sie muss ihn mit einer Freundin aus dem Haus herausholen, ruft aber nicht den Arzt, wie es bei Schlaganfällen angebracht bzw. vorgeschrieben ist.

Der Sohn hört in Abwesenheit davon, veranlasst die Krankenhauseinweisung 3 Wochen später, der alte Herr kommt ins Krankenhaus, wo er drei Wochen später verstirbt.

Zur Überraschung aller Beteiligten stellt sich nach dem Tod heraus, dass diese Dame alle Vermögenswerte des alten Herrn übernommen hat; dass Sie sich 4 Monate nach Beginn der Pflege von dem alten Herrn eine Generalvollmacht hat ausstellen lassen, diese Tatsache aber allen Beteiligten gegenüber, auch dem Sohn gegenüber, verschwiegen hat, und damit dann insgesamt Vermögenswerte für ca. 25 000 EURO, darunter den Neuwagen des alten Herrn, auf sich übertragen hat.

Im vorliegenden Fall haben wir somit einen Personenschaden, (bei rechtzeitiger Einlieferung in das Krankenhaus wäre der alte Herr vielleicht gar nicht verstorben), und zusätzlich einen beträchtlichen Vermögensschaden.

Der Staatsanwalt ermittelt !

Natürlich erwartet zu Beginn einer Pflege niemand in einer Familie derartige negative Weiterungen, aber dieser Fall zeigt deutlich, womit man rechnen muss.

In diesem Fall stammt die Pflegerin aus Deutschland, es sind also deutsche Gerichte zuständig. Wie sähe diese Sache aber aus, wenn die Pflegekraft aus Lettland oder Polen stammen würde und im Rahmen der EU - Freizügigkeitsregelung hier arbeiten würde ? Wo müssten die Erben dann klagen ?







_______________________________________________________________
Sturz eines Heimbewohners aus dem Rollstuhl im Außenbereich eines Heimes
Wenn sich das Pflegepersonal eines Pflegeheims davon überzeugt hat, daß ein Heimbewohner dazu in der Lage ist, sich im Außengelände ohne fremde Hilfe aktiv im Rollstuhl fortzubewegen, so besteht keine Veranlassung für ein Verbot, das Heim mit dem Rollstuhl unbegleitet zu verlassen. Auch ist die Heimleitung nicht verpflichtet, den Bewohner beim oder nach dem Verlassen des Gebäudes ständig zu beobachten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hatte mit Urteil vom 29.01.2008 (4 U 318/07-115) über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Ein halbseitig gelähmter Bewohner eines Pflegeheims hielt sich ungesichert im Rollstuhl in seinem Zimmer auf. Von dort gelangte er vom Personal unbemerkt zum unverschlossenen Vordereingang, durch den er das Heim eigenmächtig verlassen konnte. Auf der sich vor dem Heim befindlichen abschüssigen Rampe verlor der Heimbewohner die Kontrolle über den Rollstuhl und prallte gegen einen Zaun und stürzte. Bei dem Sturz zog er sich eine distale Femurfraktur (Oberschenkelbruch) zu. Die Krankenkasse, die Klägerin dieses Verfahrens war, war der Auffassung, der Heimträger hafte für die unfallbedingte Heilbehandlungskosten unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung des Pflegepersonals sowie aus unerlaubter Handlung.

Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage in erster Instanz (4 O 319/03) ab. Das OLG Saarbrücken hat das Urteil des Landgerichts Saarbrücken nunmehr gestützt. Es führt aus, daß der Heimträger weder unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung noch auf deliktischer Grundlage zum Ersatz der Behandlungskosten verpflichtet sei. Nach dem Heimvertrag sei die Pflegeeinrichtung zur Leistungserbringung entsprechend dem allgemein anerkannten Stand pflegerischer Kenntnisse verpflichtet. Eine Klage habe nur dann Erfolg, wenn das Pflegepersonal Obhutspflichten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit oder strukturgleiche Verkehrssicherungspflichten verletzt hätte und diese Pflichtverletzung für das Unfallgeschehen ursächlich gewesen wäre. Im Streitfall sei es entscheidend, ob es vertretbar war, daß der Bewohner sich im Rollstuhl im Heim und dem dazugehörigen Außengelände frei bewegte. Diese Feststellung hänge maßgeblich davon ab, ob der Bewohner trotz der halbseitigen Lähmung noch in der Lage war, sich im Außengelände ohne fremde Hilfe im Rollstuhl sicher fortzubewegen.

Das Pflegepersonal beschrieb übereinstimmend, daß der Patient sich aktiv ohne fremde Hilfe im Außenbereich des Heims sicher fortbewegen konnte. Man habe sich davon überzeugt, daß er die leicht abschüssige Zufahrt komplikationslos in beide Richtungen befahren konnte. Das Gericht führt weiter aus, daß es nicht nur der Menschenwürde, sondern auch dem Freiheitsrecht des kranken Bewohners entspräche, daß noch vorhandene Mobilitätsressourcen ausgeschöpft werden dürfen. Eine übervorsichtige Betreuung der Heimbewohner sei kontraindiziert und mit zumutbarem Aufwand weder nötig noch geschuldet. Ein Wegschließen von Heimbewohnern im Zimmer oder im Wohnbereich verbiete sich von selbst.

Letztlich wies das OLG Saarbrücken die Klage mangels Nachweises einer objektiven Obhutspflichtsverletzung ab.

Eine Entscheidung, die im Hinblick auf ein würdevolles Altern als richtig zu erachten ist. Allerdings ist Pflegeeinrichtungen zu raten, stets sorgfältig und einzelfallbezogen durch das Pflegepersonal prüfen zu lassen, ob ein Patient noch in der Lage ist, sich ohne Gefahr für seine Gesundheit frei im Außengelände bewegen zu können, bevor Bewohnern eine solche Möglichkeit eingeräumt wird.

_______________________________________________________________

Zur Problematik: Pflegekräfte aus Osteuropa

Ein Schlag ins Gesicht der Pflegeanbieter in Deutschland ist der neueste Husarenstreich der Regierung, den Zoll auf die deutschen Pflegeheime und Pflegedienste anzusetzen bzgl. des Mindestlohnes. Warum? Wer einmal die Entlohnung der illegalen Pflegedienstleister aus dem Osten im häuslichen Umfeld durchrechnet, kommt auf einen Stundenlohn von ca. € 1,21/Std. für diese Damen. Keine dieser Illegalen, die ja legalisiert werden sollen, wird überprüft - obwohl das ja möglich wäre - auf den Mindestlohn von € 7,50/Std. Warum wohl nicht?

Auch der Sozialversicherungs- und Steuerbetrug in dieser Branche spielt keine Rolle. Gehen wir doch einmal von nur 100.000 Illegalen in Deutschland aus.

Bei einem Mindestlohn von € 7,50 wäre dies ein
Lohnvolumen von 6,570 Mrd. €

Hiervon wären an Sozialversicherungsleistungen

KV vom AN 8,2 % AG 7,3 % (15,5%) 1,018.35 Mrd. €
PV vom AN 0,975 % AG 0,975 % (1,95 %) 125,115 Mio €
RV vom AN 9,95 % AG 9,95 % (19,9 %) 1,307.43 Mrd. €
AV vom AN 1,5 % AG 1,5 % (3 %) 197,1 Mio €

insgesamt also 2,648 Mrd. €

zu leisten, die derzeit den Sozialversicherungssystemen verloren gehen. Bei den angenommenen rd. 150.000 Schwarzarbeitern wären das stolze
3,972 Mrd. €.

______________________________________________________________

Gesetzliche Grundlagen:

§ 404 SGB III
Zu den Bussgeldvorschriften


§§ 15 ff Arbeitnehmerüberlassungsgesetz


Die Entleihung ausländischer Pflegekräfte kann also zu einem bösen Erwachen führen, wie die Bundesagentur bestätigt, da sie eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 404 SGB III darstellt und ggf. zu Sanktionen gemäß §§ 15 ff Arbeitnehmerüberlassungsgesetz führen kann.
______________________________________________________________

Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit
und illegalen Beschäftigung
(Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz -
SchwarzArbG)

Auszug:
Abschnitt 3
Bußgeld- und Strafvorschriften

§ 8 Bußgeldvorschriften
§ 9 Erschleichen von Sozialleistungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienst- oder
Werkleistungen
§ 10 Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel und zu
ungünstigen Arbeitsbedingungen
§ 11 Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel in größerem Umfang

Zum vollständigen Gesetzestext

Hinweise:
Achtung bei der Vermittlung einer selbständigen Pflegerin!!!


Nach rechtlicher Auffassung darf eine selbstständige Pflegerin (Einzelgewerbetreibende) nicht mit im Haushalt des Auftraggebers wohnen. Darin wird durch deutsche Behörden und Gerichte ein klares Indiz auf Scheinselbständigkeit gesehen! Hier wird ein Arbeitgeber- Arbeitnehmer- Verhältnis angenommen.

Eine Anzeige, Verurteilung und dann auch Nachzahlung von den Sozialversicherungsbeiträgen ist dabei die Regel.