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Mittwoch, 19. September 2012

Betreuung per Video


Betreuung per Video

GESUNDHEITSTAGE I „Versorgungs-Assistentin in der Hausarztpraxis“mit neuen Ideen
Wiesbaden soll ab 2013 in zwei Stadtteilen ein neues System der hausärztlichen Versorgung testen. Das forderte der Fachanwalt für Medizinrecht und Mediator Hans-Joachim Schade im Rahmen der Hessischen Gesundheitstage. Dabei denkt er in erster Linie an Kostheim, wo schon jetzt eine entsprechende Unterversorgung herrsche; einen zweiten Stadtteil gelte es noch auszuwählen. Die Möglichkeit zu einem solchen Test eröffnet sich laut Schade aufgrund von Verträgen mit der AOK sowie der Techniker-Kasse. Mit letzterer gebe es schon jetzt einen Vertrag, der jedoch noch keinerlei Konsequenzen habe: „Bislang sehen die Ärzte keinen ökonomischen Anreiz, und kein Mensch ändert sich von selbst.“ Die Neuerung besteht in der Einführung einer nichtärztlichen Kraft zur Unterstützung des Arztes: Ihr Name „VERAH“ leitet sich ab von „Versorgungs-Assistentin in der Hausarztpraxis“. Sie betreut ergänzend vor allem Patienten über 65 Jahre, die mehrfach erkrankt und immobil sind, und zwar entweder persönlich in deren eigenen vier Wänden oder telematisch, also per Video-Hausbesuch. Versehen mit den dafür erforderlichen Informationen von Physiotherapeut, Pflege, Krankenhaus-Entlassungsmanagement, Apotheke, Sanitätshaus, Zahnarzt und anderen könne sie sich pro Quartal um 100 bis 150 Patienten kümmern.
„Inzwischen pflegen junge Alte alte Alte und gehen zum Teil daran zugrunde. Die Angehörigen sind der größte Pflegedienst der Bundesrepublik“, sagt Schade, aber auch viele Senioren lebten allein. Mit Mehrfacherkrankungen und bis zu 15 verschiedenen Medikamenten seien sie gefährdet und brauchten dringend eine Betreuung zu Hause. Doch die Hausärzte, die diese Besuche absolvierten, gebe es so gut wie nicht mehr und der Nachwuchs entscheide sich meist gegen den Haus- und für den Facharzt - nach dem Motto, so Schade: „Ich schaue mir lieber Organe an und fahre um 17 Uhr nach Hause.“ In Wiesbaden scheiden laut Angaben des Referenten bis 2020 66 Hausärzte aus, in Deutschland gehen bis dahin 15.000 ohne Nachfolger. Letzteres wiederum bedeute, dass sich - abgesehen von 1,5 Millionen Privatpatienten - 15 Millionen Krankenkassenpatienten neu orientieren müssten. „Aber man kann doch von einer 75-jährigen Hartz IV-Empfängerin aus Kostheim, die wacklig auf den Beinen ist, nicht erwarten, dass sie mit dem Bus in eine sozial fremde Umgebung fährt.“
Schade hofft darauf, dass Verbraucherschutz und Politik als Interessenwahrer benachteiligter Patientengruppen dieses Themas aufgreifen: „Hoffentlich nimmt die Stadt Wiesbaden, in der mit 51 Jahren der Altersdurchschnitt höher ist als der von ganz Hessen, diese Herausforderung an.“

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