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Freitag, 17. Juni 2011

Dumpinglöhne und Verdacht auf Sozialversicherungsbetrug: Wie promedica24 Pflegekräfte nach Deutschland entsendet

Dumpinglöhne und Verdacht auf Sozialversicherungsbetrug: Wie promedica24

München - Etwa 2000 Euro Kosten pro Monat für die Familie, aber nur ca. 750 Euro für die Pflegekraft: promedica24 entsendet in Polen angestellte Pflegekräfte zum Arbeiten nach Deutschland. Und setzt sich dem Verdacht aus, die Pflegekräfte dabei erstens mit Dumpinglöhnen abzuspeisen und zweitens Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen.

Viele betrachten die Entsendung von in Polen oder Tschechien angestellten Pflegekräften in deutsche Haushalte als gangbaren und legalen Weg für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung Pflegebedürftiger zu Hause. Und - ganz wichtig - dieser Weg ist zumindest für einen Teil der Betroffenen bezahlbar. Kosten pro Monat für die Familie: etwa 2.000 Euro. Eine kleine Bescheinigung ("E 101") bestätigt, dass die Pflegekraft im Heimatland sozialversichert ist. Liegt sie vor, stellen deutsche Behörden keine weiteren Fragen.

Doch jetzt legen Unterlagen, die dem BEBP ( www.bebp.eu ) vorliegen, und der Bericht einer bei promedica24 angestellten Pflegekraft den Verdacht nahe, dass das Unternehmen erstens seine MitarbeiterInnen zu Dumpinglöhnen beschäftigt und zweitens dem polnischen Staat Steuern und Sozialabgaben vorenthalten könnte.

Eine mögliche Rechnung sieht so aus: Die Pflegekraft bekommt, solange sie in Deutschland arbeitet, 250 Euro brutto pro Monat plus einer Verpflegungspauschale von 16,64 Euro pro Tag. Hochgerechnet auf 30 Tage ergibt sich daraus eine Pauschale von 499,20 Euro. Demnach kommt die Betreuungskraft auf eine Gesamtvergütung von 749,20 Euro pro Monat. Der Familie stellt promedica24 aber etwa 2000 Euro in Rechnung. Macht - die obige Berechnung zugrunde gelegt - etwa 1250 Euro pro Monat und Familie für promedica24.

Die Pflegerinnen nehmen diese Bedingungen vermutlich deshalb in Kauf, weil sie damit krankenversichert sind und promedica24 Beiträge für sie in die Rentenkassen einzahlt. Aber im hier vorliegenden Fall nur für jene 250 Euro, die als offizieller Bruttolohn ausgewiesen werden. Die Rentenansprüche, die für die ausgebeuteten Frauen hieraus entstehen, sind lächerlich gering. Denn für die Verpflegungspauschale werden vermutlich keine Sozialversicherungs-beiträge bezahlt. Und das bedeutet zugleich, dass promedica24 den polnischen Finanzämtern und der Sozialversicherung vermutlich Einnahmen vorenthält, indem das Unternehmen knapp 500 Euro eben nicht als Lohn, sondern als - abgabenfreie - Verpflegungspauschale bezahlt. Noch ein Umstand deutet auf Tricksereien durch promedica24 hin, und auch hierzu liegen dem BEBP die entsprechenden Unterlagen vor: In Zeiten, in denen die Pflegerinnen nicht nach Deutschland entsendet werden, sondern in der Heimat arbeiten, haben sie zum Teil lediglich eine Achtelstelle, die ihnen ganze 40 Euro pro Monat einbringt. Dazu Christian Bohl, 2. Vorsitzender und Pressesprecher des BEBP: "Das ganze System der Entsendung funktioniert in vielen Fällen nur mit Ausbeutung, Täuschung und Betrug. Die Politik muss das endlich zur Kenntnis nehmen und dem einen Riegel vorschieben. Wir brauchen faire und transparente Bedingungen für alle, die in Deutschland in Pflege und Betreuung arbeiten."

Über den BEBP:

Der Bundesverband Europäischer Betreuungs- und Pflegekräfte (BEBP) e.V. setzt sich für die Rechte, die Interessen und das Ansehen der in Deutschland tätigen Betreuungs- und Pflegekräfte ein. Ziele sind die Verbesserung der Qualität, Transparenz und die Schaffung von notwendigen Rahmenbedingungen sowie die Integration in vorhandene Versorgungsstrukturen, um die verantwortungsvolle Versorgung von betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen in Deutschland zu gewährleisten und zu verbessern.

Pressekontakt:

Bundesverband Europäischer
Betreuungs- und Pflegekräfte e.V.
Aufkirchener Str. 5
81477 München
Tel.: 089-710 666 02
Fax.: 089-710 666 04
E-Mail: presse@bebp.eu
Internet: www.bebp.eu

1 Kommentar:

  1. Deutschpolnischer Pflegemarktführer in der Expansion oder “Unsere-Oma-daheim-mit-Paulina!”
    Im Zusammenhang mit einem hier unbenanntbleibenden deutschpolnischen Pflegemarktführer ist angeraten, den Umgang mit Franchisebewerbern, Mitarbeitern und osteuropäischen Betreuungskräften zu verbessern. Diese wechseln vom expandierenden Marktführer, häufig hin zu flexibleren und kundenorientierteren Anbietern. Und nicht nur mit Omas “Paulina” wird dabei laissez-faire umgegangen auch mit deutschen Existenzgründern. Franchisepartner bringen häufig zigtausend Euro ein und sind dadurch in einer Abhängigkeit, derer nach sie nahezu jeden Kunden-, Senioren-, und Betreuungskräfteumgang dulden müssen.
    Der polnisch angelehnte Geschäftsumgang ist im Vergleich zum deutschen Businessstandard wenig zeitgemäß. Und das wo so händeringend Hilfe benötigt wird, gerade im Bereich der demenziell veränderten Senioren, sowohl von Betroffenen, die ihr Eigenheim nicht verlassen möchten, als auch von deren Angehörigen. Genau mit dieser Hilflosigkeit und Bedürftigkeit spielen die Shareholder und Investoren. Der Markt lässt ein ertragreiches Geschäft vermuten, da der Bedarf für Pflege-Daheim in Deutschland hoch ist und das Angebot in Polen augenscheinlich gegeben.
    Mit den Neuerungen im Frühjahr 2013 wurde für die vorhandenen engagierten Agenturen eine komplette Verwässerung der Qualität bewirkt, obwohl eine Qualitätsverbesserung versprochen wurde. Wer vergleichsweise schwaches Personal vor Ort vermitteln muss und zudem nur noch einen Service in abgespeckter Form erbringen kann, der erarbeitet sich einen im schlimmsten Falle nachhaltigen Ruf und kann gegen den Wettbewerb auf Dauer nicht bestehen – so zumindest die nachvollziehbaren Sorgen der Partner.Obwohl einige osteuropäische Dienstleister mit guter Qualität zur Verfügung stünden, muss jeder Partner mit einer hundertprozentigen Bezugsbindung Vorlieb nehmen. Somit kann er weder auf Preishöhungen, Engpässe oder auf Qualitätsverschlechterungen adäquat reagieren wie die betroffenen Existenzgründer finden. Am wichtigsten ist der Hinweis für alle neuen Bewerber, die sich gern in einem wohlklingenden “Zukunftsmarkt” selbständig machen möchten, denn seit dem Investoreneinstieg der Investmentbank wurden Provisionen gekürzt. Und zwar in einer Form, dass man kaum noch angemessen davon leben kann, es sei denn das Geschäft nimmt unvermutet rasant zu. Beim Meeting im April 2013 erfuhren alle, dass von 33 Partnern nur 20 halbwegs im Verdienstbereich liegen. Der Rest könnte nach Einschätzung einiger Kollegen noch dieses Jahr ausbluten. Im Grunde geht all das Kapital, das durchaus derzeit in diesem Markt umgesetzt wird, in ein imposantes Stammhaus in Warschau, das für das Geschäft diesseits der Grenze einen eher überschaubaren Mehrwert bietet. Im Osten läuft das Geschäft marginal, dennoch werden Franchisezahler rekrutiert. Dabei ist bekannt, dass die neuen Bundesländer einschließlich Berlin mit Grenzpendlern pflegerisch gut versorgt werden können. Selbst im Norden ist das Geschäft um ein Vielfaches schwächer als im Westen oder Süden, wo man ohnehin bereits engmaschig aufgestellt ist. Die Warschauer Mahnabteilung bezeichnet sich gern mit einem schelmenhaft-fröhlichen Blick und einem Scherz auf den Lippen als Inkasso Moskau. Teile der 140 Mitarbeiter in dem Warschauer Stammhaus scheinen eine Sicht auf deutsche Angehörige zu haben, als würden diese Monatsbeträge von bis zu 2000,- Euro aus der Portokasse für ihre Mutter oder ihren lieben Vater bezahlen. Man lerne… wie eine Investorenübernahme im Sinne kurzfristiger Profitorientierung einem an sich sinnvoll angedachten Franchisesystem die Nachhaltigkeit gefährden kann. Der Deutsche Franchiseverband kennt viele solcher Fälle. Oma und “Paulina” haken sich an der Stelle beieinander ein und winken dem geneigten Leser heiter zu. Beide schließen somit sonntäglich spazierengehend meinen heutigen Tagebucheintrag. Mögen unsere beiden und alle anderen Beteiligten am Ende Hand in Hand die Gewinner sein in Sinne eines Win-Win-Win in der Seniorenbetreuung.

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